KI, XR, DB? – Digitalisierung in Bayern und bei der Bahn
Shownotes
Welchen Beitrag die Digitalisierung zu mehr Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im Bahnverkehr beitragen kann, hat Dr. Philipp Nagl, Vorstandsvorsitzender der DB InfraGO AG, in der Folge "So schlecht, wie immer alle sagen? – Schieneninfrastruktur in Deutschland" erklärt.
Über die Möglichkeiten, mit Menschen in den Dialog zutreten, die ein Projekt ablehnen, haben wir mit Ingrid Felipe, Vorständin des Ressorts Infrastrukturplanung und -projekte der DB InfraGO AG in der Folge "Die Leisen hörbar machen" gesprochen.
Wie ein Kritiker die Planungen des Bahnprojekts Ulm-Augsburg sieht, gibt es in der Folge "Hier, dort oder gar nicht? – Bürgerinitiative Limbach" zum Nachhören.
Diese und alle anderen Folgen finden Sie überall, wo es Podcasts gibt sowie unter ulm-augsburg.de.
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Fabian Mehring: Kein wirklich verfolgenswertes Konzept ... und diejenigen, die Lasten nehmen, die müssen auch einen Nutzen davon haben... Dann grinst der ganze Zug und sagt, war ja klar, dass die Bahn wieder zu spät ist.
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Im November 2023 hat ein Mitglied dem Projektkoordinierungsrat eines unserer planungsbegleitenden Gremien verlassen. Aber nicht, weil es ihm nicht mehr gefallen hat, sondern weil das bayerische Digitalministerium einen neuen Chef gebraucht hat. Heute sprechen wir mit diesem Chef, dem Bayerischen Staatsminister für Digitales, Dr. Fabian Mehring: Hallo Herr Mehring.
Andrea Morgenstern:
Fabian Mehring: Servus, Hallo!
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Herr Mehring, Interessiert Sie unser Bahnprojekt eigentlich noch?
Andrea Morgenstern:
Fabian Mehring: Na ja, selbstverständlich. Es ist zum einen inhaltlich eines der Jahrhundertprojekte für meine Heimat und deshalb die zentrale Infrastrukturmaßnahmen, um die es politisch in der Region geht. Ich bin ja jetzt auch nicht nur Staatsminister, sondern ich bin darüber hinaus auch Kommunalpolitiker geblieben, sitzt nach wie vor ganz bewusst auch im Augsburger Kreistag. Und da ist natürlich eines der Themen, das uns umtreibt im Hinblick auf die Frage "Wie können wir in Zukunft das Leben der Menschen in der Region besser machen? Wie können wir Wirtschaftskraft in die Region lotsen?" Und deshalb bleibt es natürlich ein Herzensprojekt für mich. Und offen gesprochen ist auch noch eine zweite Komponente hinzugekommen. Denn heute kann ich retrospektiv als bayerischer Digitalminister ja auch sagen, dass wir mit diesem Projekt ein bisschen Frontrunner waren für eine moderne Art der Planung eines solchen Projektes. Wir haben da schon ein bisschen gezeigt, das haben wir vielleicht in unserer eigenen Blase gar nicht immer so sehr gemerkt bei all der Arbeit, aber wir haben schon ein bisschen gezeigt, wie auch innovative Verwaltung, wie innovative Planung, wie digitale Umsetzung von so einem Projekt schon in der frühen Planungsphase klappen kann. Ich glaube, da war auch des Bahn-Team in meiner Heimatregion bei uns in der Region eines, das da bundesweiter Frontrunner war und das freut den Digitalminister jetzt ganz besonders.
Fabian Mehring:
Theresa Wiesmeier: Wie eingangs angesprochen, sind Sie nun Digitalminister, aber kein Mitglied mehr im Projekkoordinierungsrat. Haben Sie seither mehr oder weniger Einfluss auf das Bahnprojekt?
Theresa Wiesmeier:
Fabian Mehring: Ist durchaus eine berechtigte Frage. Also ganz grundsätzlich ist es so, dass wir natürlich Ressort-Prinzip haben innerhalb der bayerischen Staatsregierung. Das heißt, als Staatsminister für Digitales, ist dieses Bahnprojekt jetzt nicht gerade meine erste prioritäre Zuständigkeit. Auf der anderen Seite interessiert es mich natürlich, als jemand, der sehr, sehr lange im Projektkoordinierungsrat tätig sein dürfte, und als jemand, der in dieser Region ja auch ganz privat lebt. Und da bin ich dann schon auch nicht nur digital Native, sondern hinreichend Dorfbub, um nach wie vor sehr mit dem Herzen an meiner Heimat zu hängen. Und deshalb schaue ich da natürlich ganz genau drauf. Und da ist es dann praktisch, dass mein Sitznachbar im Ministerrat in München passenderweise der bayerische Verkehrsminister ist, der Christian Bernreiter, der nicht nur ein unheimlich sympathischer Kollege ist, sondern der auch für dieses Projekt sich richtig in die Bresche schmeißt. Und daher darf man schon davon ausgehen, dass wir uns da gelegentlich drüber unterhalten und auch miteinander austauschen. Also ich habe das Projekt nicht aus den Augen verloren, bin jetzt nicht Eerstinstanzliche zuständig, aber wann immer ich die Gelegenheit habe, so ein bisschen ein zweites Auge mit drauf zu haben, dass es gut läuft, da tue ich das natürlich. Und darüber hinaus habe ich ja auch in der luxuriösen Situation ein bisschen so hindrehen können, umsetzen können, dass zwei neue Abgeordnete aus der Region, die Marina Jakob und der Anton Rittel, jetzt im Projektkoordinierungsrat sitzen. Auch da wird mir natürlich berichtet. Also das Herz hängt schon nach wie vor dran, dass das gut wird, was wir da planen.
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Wer hat die größere Aufgabe? Verkehrsminister Bernreiter oder Digitalminister Mehring?
Andrea Morgenstern:
Fabian Mehring: Ach herrje, ich glaube, wir haben beide eine Aufgabe, die die großen Masterthemen unserer Zeit betrifft. Ich glaube, Digitalisierung ist möglicherweise das Masterthema unserer Zeit. Deshalb freut es mich auch so was von Zukunftsthema zuständig sein zu dürfen, verantwortlich zeichnen zu dürfen. Ich sage auch immer wieder wir sind das Zukunftsministerium, weil ich schon glaube, gerade wenn man auf die wirtschaftliche Situation in diesem Land blickt, dass wir im Moment Stagnation in der Gesamtwirtschaft haben, aber 20 % Wachstum in der Digitalwirtschaft, das bedeutet, der Sound der Zukunft spielt in diesem Bereich und die Frage, ob wir es schaffen, unseren Wohlstand in die Zukunft zu tragen, die wird im Digitalen entschieden. Deshalb ist das Ressort, das ich verantworten darf sicher ein wichtiges, aber nicht weniger wichtig ist es, dass wir auch die sprichwörtlichen PS infrastrukturell auf die Straße bringen. Und das ist die vortreffliche Aufgabe unseres Verkehrsministers, der ja auch der bayerische Bauminister ist. Also mit anderen Worten: Auch dem Christian Bernreiter ist es ganz sicher nicht langweilig. Und wir versuchen da beide - haben auch persönlich ein sehr gutes Verhältnis zueinander - gemeinsam am gleichen Strang in dieselbe Richtung zu ziehen und das Beste für unser Land und für die Menschen in Bayern rauszuholen.
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Ihr Kollege auf Bundesebene, Volker Wissing, ist Verkehrs- und Digitalminister in Personalunion. Wäre es Ihnen vielleicht lieber, das wäre in Bayern auch so?
Andrea Morgenstern:
Fabian Mehring: Ich halte das, offen gesprochen, auch vor dem Hintergrund des Beispiels auf Bundesebene für kein wirklich verfolgenwertes Konzept deshalb, weil beide Themenbereiche so groß sind, dass Sie einem Minister 24/7 fordern. Und ich finde, man merkt es auch ein bisschen auf Ebene des Bundesministeriums. Insoweit, als Volker Wissing, glaube ich, sehr gut bedient und ausgelastet ist mit seinen Aufgaben als Verkehrsminister.Ich nehme ihn als Digitalminister nur überschaubar wahr, obwohl es zwingend notwendig wäre, dass da auch die Bundespolitik die Stimme noch etwas stärker erhebt. Mindestens würde ich mir das als bayerischer Digitalminister wünschen und ich finde, es ist ja eher andersherum so, dass unser bayerisches digitales Ministerium, das ja das erste reine Digitalministerium in Deutschland war - zwischenzeitlich machen es uns die Hessens beispielsweise nach - ich glaube, das wird so ein Erfolgs- und Zukunftsmodell werden, dass das schon gezeigt hat, dass es einen Effekt hat, dieses große Masterthema unserer Zeit in die Zuständigkeit eines eigenen Ressorts zu stellen. Das ist nicht vom Himmel gefallen, dass wir in Bayern die Nummer eins sind in Deutschland bei der Verwaltungsdigitalisierung, dass wir mit der Hightech-Agenda bundesweit, vielleicht sogar europaweit vorangehen bei den Zukunftstechnologien, Stichwort 5,5 Milliarden für die Zukunftstechnologie, aber auch über 100 KI-Professuren und so weiter. Und es hat schon damit zu tun, dass wir auf dieses Thema ganz besonders setzen, dass wir so ein bisschen die Heimat für Hightech sind, als Bayern der Premiumstandort für die Zukunftstechnologien und da tut so ein eigenes Haus gut. Ich wäre also sehr dagegen, als Digitalminister das zu mischen mit noch weiteren Zuständigkeiten. Und ich traue mich schon auch zu sagen, Berlin ist ein gutes Beispiel, dass das keine gute Idee ist, weil es wirklich schwer ist. Ich habe den Volker Wissing erst erlebt in Bayern, wenn man sich um den Donauausbau und den Brenner-Nordzulauf und vieles andere mehr kümmern soll und zeitgleich auch noch einen AI-Act in Brüssel verhandeln, dann, glaube ich, ist es für einen Minister schwer, mit einem Profil abzudecken. Ich bin froh, dass der Christian Bernreiter und ich da zu zweit sind für diese beiden wichtigen Themen.
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Vor rund 25 Jahren hat der damalige Bundespräsident Roman Herzog über Bayern gesagt, hier gelte die Losung Laptop und Lederhose. Er meinte damit die Entwicklung Bayerns vom Agrar- zum Hightech Staat. Sind Sie eher Team Laptop oder Team Lederhose?
Andrea Morgenstern:
Fabian Mehring: Ich bin ausdrücklich beides. Und ich bin fest davon überzeugt, dass das das bayerische Erfolgsrezept ist. Dass wir beides können, dass wir sozusagen Heimat und Hightech, dass wir Tradition und Zukunft zusammenbringen auf eine, wie ich finde, sehr einzigartige Art und Weise. Und das ist so ein bisschen diese bayerische DNA. Deshalb kommt in vielerlei Hinsicht auch der Sound der Zukunft aus Bayern und nicht woanders her. Deshalb sind wir der Premiumstandort für die Zukunftstechnologien, weil wir beides zusammenbringen. Warum ist Bayern so wirtschaftsstark? Warum bezahlen wir die Hälfte des gesamten Länderfinanzausgleichs zwischenzeitlich irrsinnigerweise in der Bundesrepublik? Weil wir immer beides hatten. Wir waren zum einen immer die Heimat für die Global Player, für die Audis, für die BMWs, für Siemens. Auf der anderen Seite aber auch immer das Zuhause von diesem Bavarian Mittelstand, also den Unternehmen in der Fläche, in allen Regionen Bayerns. Und ich glaube, genau deshalb sind wir da so stark. Und ich glaube auch, dass diese Rückbindung gerade bei so einem abstrakten Zukunftsthema wie Digitalisierung an eine traditionelle, verdammt hilfreiches ist und ein echter Gamechanger für Bayern, weil wir in Bayern eben nicht Digitalisierung betreiben zum Selbstzweck. Wir digitalisieren nicht - so ist zumindest mein Verständnis, Staatsminister für Digitales - wir digitalisieren nicht, damit irgendwas digital ist, sondern wir digitalisieren dort und wir digitalisieren so, dass es das Leben der Menschen in Bayern besser macht. Und das ist, glaube ich, auch noch mal ein deutlicher Unterschied in der Herangehensweise, wenn man eben nicht nur Traditionalist ist, nicht nur vergangenheitsorientiert, nicht nur konservativ ist, aber auch nicht nur auf die Zukunftstechnologien und die Innovationen schaut, sondern versucht, beides miteinander zusammenzubringen und das ist das bayerische Erfolgsrezept. Deshalb also sowohl Laptop als auch Lederhose oder zwischenzeitlich vielleicht eher - weiß ich nciht - Quantencomputer und Lederhose, weil wir sind jetzt schon ein paar Jahrzehnte weiter. Aber beides zusammen zu denken bleibt bayerische DNA und bayerisches Erfolgsrezept.
Fabian Mehring:
Theresa Wiesmeier: Dieses beides Zusammenbringen ist manchmal gar nicht so einfach. Es gibt Menschen, denen kann es gar nicht schnell genug gehen. Und den anderen, denen wäre es lieber, wenn alles so bleibt, wie es ist. Das gilt für die Digitalisierung wahrscheinlich genauso wie für ein Bahnprojekt. Wie gehen Sie damit um, wenn Menschen Veränderungen scheuen, auch wenn deren Gründe zum Teil nachvollziehbar sind?
Theresa Wiesmeier:
Fabian Mehring: Zunächst einmal ist es in der Tat eine richtige Diagnose. Eine, die ich zu meinem persönlichen Leidwesen als Digitalminister ja auch im Bereich der Digitalisierung immer und immer wieder erlebe. Da gibt es die einen, die den Menschen das große KI-Versprechen machen, sagen "Wir schaffen jetzt einen modernen Staat und eine innovative Verwaltung, indem wir künstliche Intelligenz anwenden und dann gibt es die andere Gruppe, die sagt "Wir hängen eigentlich schon im Herzen am Faxgerät, das wollen wir nicht unbedingt abschaffen." Und diese beiden Welten zusammenzubringen, ist manchmal nicht ganz einfach. Aber ich glaube, entscheidend für die Frage, ob man am Ende des Tages dann erfolgreich ist, ist, ob es einem gelingt, die Menschen mitzunehmen. Und das Erfolgsrezept ist nach meinem Dafürhalten und das haben wir - Sie merken, ich sage noch "wir", weil ich ja auch im Projektkoordinierungsrat lange sein dürfte - das haben wir, glaube ich, in unserer Region sehr, sehr gut gemacht, indem wir die Menschen dort versucht haben, abzuholen, wo sie gerade gestanden sind. Also es bringt wenig, denjenigen, die auf dem Mars fliegen wollen, was von der Pferdekutsche zu erzählen. Genauso wenig bringt es in der Pferdekutsche die Marsmission auszurufen. Man muss die Menschen dort abholen, wo sie stehen in meinem Bereich, der Digitalisierung. Aber ich glaube genauso im Hinblick auf ein großes Bahnprojekt wie den Ausbau zwischen Augsburg und Ulm. Und deshalb finde ich es gut, wie wir das gemacht haben mit unglaublich viel Dialog. Das ist aufwendig, aber ich finde moderne Politik, es gehört zur DNA von moderner Politik, muss sich diesem Aufwand stellen und muss die Menschen kommunikativ mitnehmen. Weil nur wenn die Menschen am Wort sind, dann klappt es. Und ich glaube auch, dass so ein paar Diskussionen - Entscheidungen sind ja noch nicht gefallen, sowohl für die Frage der Streckenführung als auch die Frage des einen oder anderen zusätzlichen Bahnhaltes an der einen oder anderen Stelle - jetzt halt schon ein Ausfluss eines solchen Dialogprozess sind. Da haben die Menschen in der Region gesagt Ja, wir sind bereit, ein gewisses Maß an zusätzlichen Lasten in Kauf zu nehmen, wenn wir an anderer Stelle den einen oder anderen Vorteil generieren. Und so funktioniert doch letztendlich Politik. Es geht um die Verteilung von Lasten und es geht um die Verteilung von Nutzen. Und diejenigen, die Lasten nehmen, die müssen auch einen Nutzen davon haben. Und das kommunikativ zusammenzubringen, das glaube ich, ist der Kernbestandteil und die Logik von moderner Politik. Das gilt für mein Ressort, als Digitalminister, das haben wir aber, glaube ich, das darf man schon auch selbstbewusst und stolz sagen, auch dann, wenn man nicht immer den Allerletzten noch überzeugen kann. Das haben wir auch eindrucksvoll gezeigt, in der finde ich schon sehr besonderen Kommunikation bei Augsburg-Ulm. Ich habe jetzt ein paar solcher Projekte, auch wenn ich noch vergleichsweise jung bin für so eine politische Spitzenfunktionen. Aber ich habe jetzt ein paar Infrastrukturprojekte politisch begleiten dürfen und offen gesprochen, das wurde an anderen Stellen unterschiedlich gut gemacht. Das sind auch Dinge gescheitert, vorsichtig formuliert, weil Kommunikation eben so war, wie sie war. Und die Kommunikation zu Augsburg-Ulm war schon eine, bei der sogar den Zweifelnden am Ende des Tages immer klar war, denen, die das tun, geht es auch darum, das Beste für die Region rauszuholen. Und das ist, glaube ich, die Grundbedingung, wenn man Menschen überzeugen will. Wenn man selber nicht begeistert ist, kann man andere nicht begeistern. Und das glaube ich, ist schon ziemlich gut gelungen. Natürlich kann man nicht immer alle mitnehmen, sonst bräuchte es auch keine Politik und kein Projektmanagement. Aber in der Breite ist uns das sehr gut gelungen und so versuche ich das jetzt auch als Digitalminister bei meinen Themen.
Fabian Mehring:
Fabian Mehring: Theresa Wiesmeier:Alle abzuholen ist für uns immer ein Thema, was jetzt auch aktuell in unserem Raumordnungsverfahren, wo es darum ging, digitale oder analoge Pläne. Wir mussten den Kommunen zwischen Rom und Augsburg dafür 484 Ordner mit Papierunterlagen zur Verfügung stellen. Blutet das Herz, Herr Digitalminister?
Fabian Mehring:
Fabian Mehring: Oh ja, und es wird definitiv Zeit, dass das aufhört. Und zwar nicht nur im Sinne von Symbolpolitik oder im Sinne von PR für den Digitalminister, bei dem jedem klar ist, dass dem da natürlich das Herz blutet, sondern auch im Hinblick auf die Frage, wie wir es in unserem Land noch schaffen, Wohlstand in die Zukunft zu tragen und die PS von Projekten auf die Straße zu bringen. Also meine feste Überzeugung ist, wir haben zwei große Herausforderungen in diesem Land, das eine ist die Bürokratie, das andere die Demografie, also Fachkräftemangel. Und aus Sicht des Bayerischen Digitalministers ist für beides die Lösung eine kluge Umsetzung von Digitalisierung. Wenn wir es nicht schaffen, anders als es früher diskutiert würde, alles zu automatisieren, was wir irgendwie automatisieren können, damit die wenigen Köpfe, die wir noch haben, die Dinge tun können, die nicht automatisierbar sind, dann werden wir wirtschaftlich keine Chance haben in diesem Land. Wenn man mal auf die demografische Struktur des Landes schaut und sich die Bevölkerungspyramide vor Augen führt. Spätestens wenn die Babyboomer in Rente gehen, dann haben wir gar keine Chance mehr, außer KI anzuwenden, Automatisierung auf den Weg zu bringen. Und bei der Bürokratisierung, da komme ich zu meinem Projekt, da ist es doch ganz genauso, wenn wir natürlich Digitalisierung so verstehen, dass wir sagen Digital heißt, wir tragen den gleichen Prozess wie vorher einfach ins Internet. Also wir füllen das Formular, das wir vorher händisch ausgefüllt haben, jetzt als PDF aus und dann drucken wir es aus und faxen von einer Amtsstube in die andere. Dann wird Digitalisierung nicht helfen. Wenn wir Digitalisierung aber so verstehen, wie ich sie verstehen wollen würde, nämlich dass es die einmalige Chance ist, auch die Prozesse neu zu denken, die ganze Bürokratie wegzuschieben, dann ist es eine Riesenchance für dieses Land. Und ich glaube, die sollten wir nutzen. Und wenn es dann nicht mehr 450 Ordner sind, die ein Jahr hin und hergeschickt und gefaxt werden, sondern wenn es ein Klick ist mit denselben Daten, dann ist die Qualität der Entscheidung genauso gut. Aber es dauert nicht mehr 24 Monate, sondern 24 Stunden. Und dann sind wir auch wieder global wettbewerbsfähig in diesem Land. Und deshalb: Ja bitte aufhören mit diesem Wahnsinn und die Dinge digitalisieren.
Fabian Mehring:
Theresa Wiesmeier: Jetzt hätte es in unserem Fall ja diesen einen Klick gegeben für die Unterlagen. Die sind ja seit Beginn des Raumordnungsverfahren vollständig auf der Website der Regierung von Schwaben zu finden. Die Menschen hätten also alle Unterlagen bequem von der Couch aus einsehen können. Hätte das nicht ausgereicht?
Theresa Wiesmeier:
Fabian Mehring: Ich glaube, mittelfristig vielleicht schon. Da bitte ich um Verständnis, wenn ich etwas differenzierter Ihnen antworte. Also zum einen finde ich's mega, dass gerade wir in der Region da die Frontrunner waren, mal zu zeigen, wie es auch gehen könnte, nämlich nicht nur diese 445 Ordner spazieren zu tragen, sondern zu sagen: Übrigens wir leben im Jahr 2024 und es ginge eigentlich auch alles digital und es braucht überhaupt keinen Ordner mehr. Das finde ich super und das ist nach meiner festen Überzeugung auch das Modell der Zukunft. Wenn wir in 20, in 25 Jahren über solche Themen reden, dann wird es gar nicht mehr anders gehen. Vielleicht auch schon in zehn Jahren. Im Moment, glaube ich, müssen wir aufpassen. Davon hatten wir es vorhin schon, dass wir niemanden abhängen auf diesem Weg in die Zukunft und dass wir nach Möglichkeit alle Menschen mitnehmen. Und gerade bei so einem Thema wie Raumordnungsverfahren, wenn es um die Möglichkeit von Einsprüchen geht, muss natürlich für jeden auch die Möglichkeit bestehen, zu sagen "Ich habe aber was gegen dieses Projekt und ich habe kein Internet und ich bin irgendwie vielleicht auch aus einer anderen Generation." Dann muss die oder dann muss der auch die Chance haben, ein Fax zu schicken und zu sagen "Ich bin nicht einverstanden", weil es da um demokratische Beteiligungsrechte geht. Ich glaube aber, dass es jetzt schon so ist, dass 98 % - ihr werdet die Zahlen irgendwann mal erheben, wahrscheinlich gegen Ende des Projekts - dass 98 % sich diese Unterlagen digital anschauen und nicht im Rathaus im Keller 445 Ordner wälzen. Und möglicherweise werden es in Zukunft dann 100 % sein. Ich würde nur den anderen 2 % im Moment nicht die theoretische Möglichkeit nehmen wollen im Sinne des Demokratieprinzip. Und so ähnlich mache es ja auch bei anderen Themen, das ist so ein bisschen meine Linie in der Digitalisierung. Stichwort Faxbann, um das noch mal zu bemühen. Ich will, dass weiterhin jeder Mensch in Bayern jeder Behörde ein Fax schicken kann. Aber ich will verdammt noch mal, dass die Behörden untereinander digitale Daten und zwar Ende-zu-Ende-digitalisiert austauschen. Und genauso ist es da auch. Also ich glaube, dieses Frontend zum Bürger sollte so breit wie möglich sein. Bürger muss die Chance haben, sich auch auf analogem Wege einzubringen in einen Anhörungsverfahren. Aber wir Profis, verwaltungseitig, staatsseitig, wirtschaftsseitig, wir müssen bitte nach den Regeln des Jahres 2024 kommunizieren. Und das heißt Ende-zu-Ende-digitalisiert.
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Schauen wir auf die Bauindustrie. Dort gibt es diese digitalen Standards eben schon, beispielsweise Building Information Modeling, kurz BIM. Das sind digitale und Gelände-Modelle inklusive Kosten und Zeitpläne. Können auch Behörden und Ämter mit BIM arbeiten?
Andrea Morgenstern:
Fabian Mehring: Absolut, ja. Und da ist das bayerische Bauministerium, jetzt haben wir es noch mal vom Christian Bernreiter, ja auch ein Vorreiter, was ich spitze finde. Also wir versuchen genau diese Schnittstellenthematik jetzt in den Griff zu bekommen. Das Stichwort für den Digitalminister ist immer "Once-Only-Prinzip", so ist quasi der Fachterminus in der Abstimmung auch zwischen dem Bund und den Ländern. Was bedeutet das? Wir wollen, dass wir medienbruch frei über alle Ebenen und über alle Plattformen kommunizieren können, dass also nicht der Staat am Montag kommt und sagt "Liebes Wirtschaftsunternehmen, gib deine Daten dem Finanzamt" und am Dienstag kommt und sagt "Liebes Wirtschaftsunternehmen, gibt deine Daten dem Wirtschaftsministerium" und am Mittwoch wieder kommt "Jetzt braucht das Bauministerium die gleichen Daten nochmal", sondern in 2024 muss gelten: Ich gebe als Unternehmen meine Daten einmal dem Staat und da muss ein moderner Staat selber in der Lage sein, sich in seiner Verwaltung so zu organisieren, sie dann an der Stelle verwandt werden können, wo sie hin müssen. Und es gilt dann auch in der Kommunikation mit Branchen, jetzt im Baubereich mit BIM und an anderer Stelle, deshlab ist eins meiner Herzensprojekte zum Beispiel, eine bayerische Unternehmensplattform auf den Weg zu kriegen. Die Idee dahinter ist, alle Leistungen, die Wirtschaftsunternehmen mit dem Staat in irgendeiner Art und Weise zu verhandeln haben, finden auf einer einzigen Plattform statt. Von der Steuererklärung über die Baugenehmigung bis sonst wohin, sodass es einen einzigen Single Zugangspunkt gibt für die Kommunikation zwischen Unternehmen und Staat. Und genauso, glaube ich, muss es branchenübergreifend und überall werden es moderne Kommunikation. Und ja, in der Tat, Wirtschaft ist da längst zu weit und ich glaube Staat, dem es wohl beraten, da ein bisschen aufzuholen. Und deshalb kümmere ich mich da mit viel Leidenschaft darum, dass wir da im Jahr 2024 auch die Möglichkeiten und Chancen des Jahres 2024 nutzen mit einer innovativen Verwaltung. Bayern übrigens, um der schon noch zu sagen ist da gut, ist nicht so, dass diese Erkenntnisse jetzt vom Himmel gefallen wären, seit ich Digitalminister bin. Da haben auch andere in der Vergangenheit sich sehr verdient gemacht. Da gibt es ein Dashboard des Bundes für die Frage Verwaltungsdigitalisierung, die mir klar die Nummer eins sind als Freistaat Bayern. Also nicht nach Eigenwahrnehmung der bayerischen Staatsregierung, die bekanntermaßen ja häufiger mal sich an der Spitze sieht, sondern nach dem Dashboard des Bundes. Der Bund sagt, so wie die Bayern es machen, so wäre es eigentlich richtig. Und ich glaube, für den Wirtschaftsstandort Deutschland wär es wichtig, dass da auch die anderen Länder auf bayerisches Niveau kommen. Besser gestern als morgen.
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Ich möchte noch mal zur Eisenbahn zurückkommen. Seit 200 Jahren ist das Prinzip gleichgeblieben: Stahlräder auf Stahlschienen. Dieses alte Vehikel verschließt sich aber doch nicht vor der Zukunft. Bei der Deutschen Bahn wird zum Beispiel künstliche Intelligenz genutzt, um Verspätungsminuten zu reduzieren. Was meinen Sie, was kommt noch?
Andrea Morgenstern:
Fabian Mehring: Also zunächst einmal glaube ich, dass der Einsatz von KI, und zwar in allen Lebensbereichen, unsere Art zu arbeiten und unsere Art zu leben, fundamental verändern wird in den nächsten Jahren, und zwar auf eine Art und Weise, wie wir es uns für den Moment noch überhaupt nicht vorstellen können. Und ich glaube, dass es entscheidend ist, dass gerade unsere Frontrunner-Unternehmen und die Deutsche Bahn ist natürlich, klar Deutsche Bank, Deutsche Bahn, und so weiter. Nein, ist eines der Unternehmen, die die DNA dieses Landes repräsentieren und auch auch Gesicht und Botschafter der Wirtschaft dieses Landes sind, die müssen an der Spitze der Bewegung stehen. Ich glaube, es genügt nicht - das ist meine feste Überzeugung - wenn wir auf dieser Reise in Richtung Zukunft auf der Rücksitzbank sitzen, um mal passiv zuschauen, wohin die Reise geht, dann werden wir Wohlstandsverluste in Kauf nehmen müssen, die phänomenal wären. Wir müssen es schaffen, dass wir da als G7-Nation, als Haupt-Nettozahler in der EU Und so weiter im Fahrersitz sind bei diesem Zukunftstechnologien, dass wir da selber steuern, auch im Übrigen, weil wir sonst irgendwann in der Zukunft aufzuwachen, die andere gemacht haben und dann nach den Regeln anderer spielen müssen und die Regeln zum Beispiel zur Datensouveränität in asiatischen Märkten, vielleicht auch in amerikanischen Märkten, falls Trump wieder Präsident wird. Die sind völlig andere als in unseren westlichen Demokratien. Und deshalb müssen wir an der Spitze der Bewegung stehen, um die Sieger dieser KI-Revolution zu werden, die da vor der Haustür steht. Und deshalb müssen unsere Vorzeigeunternehmen wie die Deutsche Bahn da einfach auch Pioniere sein. Also da wird glaube ich viel passieren. Bin froh, dass das auch bei der Bahn wirklich angekommen ist. Die Bahn hat ja manchmal so etwas trägeren Ruf in der öffentlichen Wahrnehmung, weil die Leute sagen ja, da war mal der Zug zu spät und so. Die Wahrheit ist, wenn man ein bisschen genauer hinschaut, dass das ein extrem innovatives Unternehmen ist. Und die Wahrheit ist im Übrigen auch für die ppar Verspätungsminuten, die da manchmal anfallen, dass wir bei der Bahn - das fand ich schon immer, das sage ich jetzt nicht als Politiker, sondern als Privatmann - mit einem sehr besonderen Maß messen. Ich bin als CIO Bayerns viel in Berlin, und wenn ich dort mit dem Auto hinfahre, sind zehn Minuten hin oder her gar keine Berechnungsgrundlage, sondern hängen davon ab, ob der Staatsminister noch einen Kaffee trinkt an der Autobahnraststätte oder nicht. Wenn die Bahn in Berlin einläuft, aus München kommend und sie hat vier Minuten Verspätung, dann grinst der ganze Zug: "War ja klar, dass die Bahn wieder zu spät ist." Also wir messen da ein bisschen mit einem schrägen Maß. In Wahrheit ist die Bahn ein sehr innovativer Konzern und ich bin auch sehr dankbar dafür. Was sonst noch kommt - vielleicht ein Satz, was ich mir wünschen würde, wenn es gestattet ist - ich glaube, wo man noch viel stärker reingehen könnte, ist in dieses Thema innerdeutscher/innereuropäischer Punkt-zu-Punkt-Verkehr zwischen den Metropolen und auch das Thema Nachtzüge, was die Österreicher stark machen. Ich glaube, dass dieses Klimawende-Thema das zentrale Thema neben der Digitalisierung unserer Zeit ist. Und ich kann nicht wirklich viel Mehrwert darin erkennen, ständig in Flugzeugen zu sitzen um eine Stunde eine 1:20 Flugzeiten innerhalb der Europäischen Union oder gar innerhalb Deutschlands zu haben. Wenn wir da besser werden würden, glaube ich mir wahnsinnig viele Menschen bereit, noch stärker auch auf den Zug umzusteigen. Vielleicht gibt es auch da Chancen, das zu optimieren. Infrastrukturell aber vielleicht auch KI-seitig. Ich glaube, das ist noch eine große Chance für vielleicht die nächsten zehn Jahr. Im Bahn-Bereich muss sich durch die Bewusstseinsbildung für die Klimawende in den Köpfen der Leute was verschieben würde, was ein riesiges Potenzial für die Bahn eröffnet.
Fabian Mehring:
Theresa Wiesmeier: Jetzt mal zum Blick auf die Digitalisierung der Zeit, ein Blick in unsere Vergangenheit. Das Projekt die Bestandsstrecke zwischen Augsburg wurde 1854 also vor 170 Jahren in Betrieb genommen und zwar nach ungefähr vier Jahren Planungs- und Bauzeit. Wir planen seit 2018 jetzt, also schon seit sechs Jahren. Kann die Digitalisierung der Zeit solche Vorhaben wieder beschleunigen?
Theresa Wiesmeier:
Fabian Mehring: Ich glaube, sie könnte nicht nur. Sie muss ganz zwingend, Wenn wir glauben, dass wir in diesem Land so weiterfahren können wie derzeit, nämlich dass jedes größere Infrastrukturprojekt es dringend nötig ist, zunächst einmal fünf Jahre diskutiert wird und dann fünf Jahre beklagt wird, um möglicherweise nach 15 Jahren mal irgendwo einen Spatenstich zu setzen, dann werden wir keine Chance haben, unseren Wohlstand in die Zukunft zu retten. Dann wird man uns von links, von rechts, von oben, von unten, von überall überholen. Weil wenn man dann noch in der Bevölkerungsdynamikmaßstab anlegt und ein bisschen schaut, was gerade an anderen Enden dieses Erdballs passiert, dann sind wir nicht konkurrenzfähig. Und deshalb haben wir überhaupt gar keine andere Chance, als da wieder schneller und besser zu werden. Das geht zum einen durch Digitalisierung, ohne Frage, davon hatten wir schon. Das geht zum anderen im Sinne von Verfahrensbeschleunigung. Das geht zum anderen aber glaube ich auch, indem wir wieder ein bisschen Änderung im Mindset der Menschen herbeiführen und es auch eine gemeinsame Aufgabe von allen, von Gesellschaft, von vorpolitischen Raum, von Wirtschaft und natürlich auch von Politik immer für alles zu sein, bis dass man selbst betroffen ist und dann an der Spitze der Bewegung dagegen zu stehen. Das ist relativ schwierig, und das erlebt man als Politiker oft genug. Wenn ich gucke, wie beispielsweise Infrastrukturprojekte der Bahn begleitet werden, dann erlebe ich, dass es Kräfte in unserer Gesellschaft gibt, die sich zunächst intensiv wünschen, dass wir viele Menschen aus dem Individualverkehr in den schienengebundenen Verkehr bekommen. Und meistens sind es genau die gleichen, die dann Vorsitzende von Bürgerinitiativen dagegen sind, wenn es konkret not in my backyard bei Ihnen umgesetzt wird. Und das ist schwierig. Also wir müssen dann schon auch wieder als Politik mal den Rücken durchsetzen und hinstehen und sagen, dass es zunächst einmal kommt zu unserem Projekt in unserer Heimat, zu Augsburg-Ulm, das es zunächst mal doch ein tolles Wort ist, wenn der Bund sagt, Ich investiere ein paar Milliarden in die Infrastruktur einer Region. Da hat man sich vor 30 Jahren drum bemüht und beim Bund drum gebettelt. Jetzt kriegen wir das, und wir tun so, als wäre es eine heiße Kartoffel, vor der wir eigentlich davonlaufen müssen. Ich bin sehr dafür, dass wir alles tun, dass die Region den maximalen Mehrwert hat. Aber wir müssen schon auch noch ein bisschen Maß und Mitte halten und sagen zunächst mal ist es gut, wenn wir Infrastruktur kriegen, und dann überlegen wir gemeinsam, wie wir es tun. Und ich glaube, dieser Change im Mindset, der ist wichtig. Ansonsten waren wir 1800, wann, sagten Sie, 54, infrastrukturell besser aufgestellt als 2024, und ich fürchte, dass wir uns das nicht erlauben können.
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Sie wollen im Rahmen der Europawahl im Juni 2024 ein Bündnis gegen Fake News im Netz begründen. Auch wir haben immer wieder mit Fake News rund um unser Projekt zu kämpfen und haben dafür einen sogenannten Faktencheck auf unserer Projektwebsite ins Leben gerufen. Da kann man sich gängige Behauptungen zum Projekt ansehen und auch die Info bekommen, was davon richtig ist und was eben nicht. Was können wir noch tun?
Andrea Morgenstern:
Fabian Mehring: Also ich halte es zunächst mal schon für super, was ihr da macht und da seid ihr schon viel weiter wie viele andere, die ihre Kommunikationsprozesse versuchen gut zu gestalten. Warum ist das so wichtig? Ist deshalb so wichtig? Und mich wundert immer, wie sehr wir das auch in der gesamtgesellschaftlichen Debatte ausblenden. Deshalb so wichtig, weil wir uns ja alle einig sind, dass die Zukunft digital ist und dass sich immer mehr Lebensbereiche digital fixieren bis tief ins Privatleben, ins berufliche Leben sowieso und so weiter. Nur haben wir offenkundig dauerhaft das Gefühl beim Informationsfluss, bei dem es genauso ist: Krasse Verlagerung von Qualitätsjournalismus in den digitalen Raum. Da müssten wir nicht dafür sorgen, dass die Qualität hoch bleibt und deshalb diese Anti-Desinformationskampagne meinerseits, weil ich das Gefühl habe, dass sich immer mehr Kommunikation und Informationsfluss aus dem Analogen, aus dem Qualitätsjournalismus, der qualitätsgesicherten Printzeitung in das Digitale verlagert. Und dass im Digitalen sich aber doch irgendwie so Blasen bilden, die sich verselbstständigen nach anderen Qualitätsmaßstäbe und dann von dort Informationen für wenig Geld mit hoher Reichweite in die Welt geblasen werden können. Und ich glaube, wir müssen schaffen, dass wir diese Blasen so ein bisschen aufpiksen und dass wir wieder den gleichen Güteaßstab an Informationen ansetzen im digitalen Raum, wie wir es auch im analogen Raum tun. Ich merke das ganz stark mit Blick auf die großen Debatten in unserer Gesellschaft: Demos aktuell, Zulauf zu Rechtspopulisten, irgendwelche Ideologen, politischen Geschäftemacher, denen die Menschen auf den Leim gehen. Die haben es da natürlich sehr, sehr leicht, weil das, was am Stammtisch kriminell wäre, im Internet offensichtlich nicht illegal ist. Weil da kann ohne Klarnamen, ohne Bild jeder, der möchte, alles mögliche in die Welt tragen und wenn es noch so sinnbefreit ist. Wenn wir Gesellschaft zusammenhalten wollen, dann wird es nicht genügen, da in den Sonntagsreden klug daher zu reden, sondern da müssen wir dahin, wo die Fake News entstehen. Da müssen wir verhindern, dass Social Media Fake News-Maschinen werden. Da müssen wir schauen, dass die Qualitätsstandards dort die gleichen sind, wie sie das möglicherweise in der analogen Welt sind. Und ich glaube, so ist es auch bei Infrastrukturprojekten, weil auch das ist doch am Ende nichts anderes als Kommunikation. Es geht um einen Dialog zwischen einem Unternehmen, der Politik und den Menschen, die in einer Region von einem solchen Projekt sowohl positiv als auch negativ betroffen sind. Und diese Kommunikationsprozesse, die gelingen dann, wenn die Informationen, über die man sich da austauscht, irgendwie qualitätsgesichert sind. Und wenn sie es nicht sind, weil jeder irgendwas sagen kann, was möglicherweise auch falsch ist, dann kommen wir da sprichwörtlich in den Wald. Ich mach noch ein Beispiel: Ist doch ganz klar, wenn die Menschen eine große Qualitätszeitung in der analogen Welt lesen, dann gehen sie davon aus, dass alles, was da drunter steht, irgendwie qualitätsgesichert ist und ausgebildete Journalisten einmal gecheckt haben, ob das auch stimmt, was da steht. Wenn die Menschen anonym einen Zettel in ihrem Briefkasten finden und da ist kein Namen drauf und da steht irgendwas, dann denken sie sich "Na ja" und sind sicher nicht bereit, die Information genauso ernst zu nehmen wie das, was Sie gestern in der Augsburger Allgemeinen oder in einer anderen Zeitung gelesen haben. Gehen die Menschen aber ins Internet, dann nehmen Sie das, was die Deutsche Bahn zum Projekt postet, genauso ernst wie das, was Herr Maier, Frau Müller, Herr Huber zum Projekt postet. Und am Ende entwickelt sich dann eine Debatte, die möglicherweise von Fakten völlig losgelöst ist. Und ich glaube, da müssen wir wieder weg. Und deshalb ist es wichtig, dass ihr aufklärt, dass ihr Faktenchecks macht. Vielleicht auch darüber hinaus noch die Idee, da bewusstseinsbildend, dass jetzt der Wunsch des Digitalenministers, über das Projekt hinaus, generell tätig zu sein, für die Frage und die Sensibilisierung der Menschen gegenüber Fake News und gegenüber Misskommunikation im Netz. Ich glaube, da können wir alle noch wahnsinnig viel tun. Ich bin da gerade im Gespräch mit Google, mit anderen großen Playern, auch gesellschaftlichen Playern und deshalb auch diese Idee der Kampagne. Vielleicht hat er auch die Deutsche Bahn Lust mitzumachen. Je mehr wir da werden, umso besser. Ich glaube, wir müssen schaffen, dass das Internet da kein rechtsfreier Raum ist, sondern dass die gleichen Maßstäbe gelten in der analogen Welt. Und da waren wir - mein letzter Satz - aber Stolz des Digitalministers jetzt auch beim Digital Services Act und bei der nationalen Umsetzung erfolgreich. Ich habe da selber das war so mein erster Auftritt im Bundesrat, elf Änderungspunkte noch mal auf den Weg gebracht aus bayerischer Sicht, die jetzt da eingeflossen sind und die, glaube ich, helfen werden, dass wir im Internet da zu den gleichen Rechtsstaats-Regeln kommen wie in der analogen Welt.
Fabian Mehring:
Theresa Wiesmeier: Herr Doktor Mehring, ich habe noch drei Begriffe für Sie. Sie dürfen mir erzählen, was Ihnen dazu einfällt Erster Begriff - Wir hatten schon länger - Faxgerät.
Theresa Wiesmeier:
Fabian Mehring: Abschaffen.
Fabian Mehring:
Theresa Wiesmeier: Abschaffen. Zweite Begriff 5G.
Theresa Wiesmeier:
Fabian Mehring: Einführen.
Fabian Mehring:
Theresa Wiesmeier: Einführen. Und virtuelle Realität.
Theresa Wiesmeier:
Fabian Mehring: Oder sage ich mehr dazu, ganz wichtiges Zukunftsthema, weil ich glaube, dass wir da den Fehler machen, das Potenzial ein bisschen zu unterschätzen. Wir reden alle ganz viel über KI und wir reden alle ganz viel über Robotik, gerade hier in der Region Augsburg. Wir reden über Sensorik und sagen, es sind alles die großen Zukunftstechnologien. Eine der Zukunftstechnologien unserer Zeit ist der ganze Bereich VR/AR/XR. Da müssen wir wahnsinnig reingehen. Da ist ein unglaubliches ökonomisches Potenzial. Und gerade in Kombination mit KI, glaube ich, für Unternehmen wie euch, für die Deutsche Bahn, ist es ein erheblicher Teil der Zukunft. Kurze Story dazu noch: Ich habe erst diese neue Brille aufgehabt. Wenn Sie sagen VR, ich glaube, dass wir - persönliche Wette, biete ich euch privat an - in vielleicht 15 Jahren, wenn wir im Zug sitzen, alle so ein Ding auf haben, alle so ein Ding auf haben werden, insbesondere im Fernverkehr, im Flieger usw sowieso, weil die Art damit dann arbeiten zu können, wenn man unterwegs ist und so weiter. Die ist durch nix ersetzbar. Also Riesenpotenzial, da unbedingt Gas geben.
Fabian Mehring:
Theresa Wiesmeier: Sehr schön. Vielen Dank, Herr Dr. Mehring, dass Sie sich Zeit genommen haben, uns auch in unserem Büro in Augsburg zu besuchen.
Theresa Wiesmeier:
Fabian Mehring: Hat Spaß gemacht. War mir eine Ehre. Vielen Dank dafür.
Fabian Mehring:
Andrea Morgenstern: Vielen Dank für das Update zur Digitalisierung in Bayern.
Andrea Morgenstern:
Theresa Wiesmeier: Bis zum nächsten Mal Andrea!
Theresa Wiesmeier:
Outro: Das war ein Podcast vom Bahnprojekt Ulm Augsburg. Er sprachen Andrea Morgenstern und Theresa Wiesmeier. Redaktion Andrea Morgenstern: und Jakob Neumann. Produktion und Schnitt. Jakob Neumann.
Outro:
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