Dafür, dagegen oder sowohl als auch? – Bürgerinitiative Wollbach
Shownotes
Josef Stöckle ist nicht der einzige Vertreter einer Bürgerinitiative, mit dem wir gesprochen haben. Mit Thomas Schilling haben wir in der Folge "Hier, dort oder gar nicht? – Bürgerinitiative Limbach" über Schallschutz und und die Belastung seines Heimatortes gesprochen. Christian Werner von der Bürgerinitiative Bahnausbau 2.1 hat uns in der Folge "Wer laut ist, hat Recht? – Bürgerinitiative Bahnausbau 2.1" erzählt, was er von der Idee neuer Bahnstrecken hält.
Was der Bürgermeister von Zusmarshausen über einen möglichen Bahnhalt in seiner Gemeinde denkt, hat er uns in der Folge "Ein Bahnhof für Zusmarshausen? – In zehn Minuten nach Augsburg" erzählt.
Was es mit der Potentialanalyse auf sich hat, gibt es in der Folge "Ein Halt an jeder Milchkanne? – Bayerische Eisenbahngesellschaft BEG" zu hören, in der wir mit der Geschäftsführerin der BEG, Bärbel Fuchs, gesprochen haben.
Einer der vielen Ingenieure, die sich mit dem Bahnprojekt Ulm–Augsburg beschäftigen, ist Martin Kaster. Er hat uns in der Folge "Viele für eine? – Ingenieurinnen und Ingenieure für Ulm–Augsburg" erzählt, was er uns sein Team als Generalplaner macht.
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Intro: Ich bin heute eigentlich gegen alles, was an Neubau gedacht wird in Deutschland... Bahnhof in Zusmarshausen kommt nicht... Es kommt meistens anders als man denkt.
Andrea Morgenstern: Leserinnen und Leser der Augsburger Allgemeinen könnten den Namen unseres heutigen Gastes kennen, denn er schreibt regelmäßig Leserbriefe und zwar oft, wenn zuvor ein Beitrag zum Bahnprojekt Ulm-Augsburg erschienen ist. Die Rede ist von Josef Stöckle aus Wollbach, Mitglied der Interkommunalen Bürgerinitiative und Kommentator unserer Planungsfortschritte und der politischen Entwicklungen. Hallo Herr Stöckle!
Josef Stöckle: Hallo zusammen! Freut mich.
Andrea Morgenstern: Danke, dass Sie da sind. Herr Stöckle, Beim Blick auf die Karte sieht man das Wollbach, ihr Wohnort, von zwei Varianten betroffen wäre: Türkis im Norden und Orange im Süden. Welche wäre Ihnen denn lieber?
Josef Stöckle: Keine der beiden.
Andrea Morgenstern: Klare Ansage.
Josef Stöckle: Keine der beiden, ja.
Theresa Wiesmeier: Sie haben öfter erkennen lassen, dass Sie den Verlauf der orangefarbenen Variante nicht gut finden. Was können Sie ihr trotzdem abgewinnen?
Josef Stöckle: Man muss hier, bevor wir die Frage so beantworten, noch einmal ein bisschen in die Historie gehen. Los ging das ganze Thema 2019, Kreistag, 2020 hatte Herr Baumann dann 2019 das vorgestellt. Alle waren für den Ausbau der Bestandsstraße. Und bei der ersten Versammlung der Kommunalwahl in Zusmarshausen hat dann die Bürgerliste die Zeichnung vorgestellt, mit der türkisen Trasse. Und die ging genau 150 Meter am Wollbacher Friedhof vorbei. Ich persönlich wohne aber nicht an der türkisen, ich wohn an der orangen. Die war zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Topf. Und trotzdem hat es mich wahnsinnig aufgeregt, weil der Verlauf der Türkisen im Norden zwischen Wollbach und Wörleschwang, der war extrem nah am Dorf. Und es ist auch so, dass zu diesem Zeitpunkt die orange Trasse nicht im Topf war. Die kam erst später. Da können wir nachher drauf eingehen. An dem Bahnprojekt sind ja, wenn man es heute so betrachtet, vier Parteien mit beteiligt: Die Bahn, die Bürger, die Politik, Verbände - ich nenn's Lobbyisten. Ich betrachte mich eher als Sprecher der kleinen Leute, die vielleicht nicht die Schneid haben oder den Mut haben da hinzustehen und sich öffentlich dazu äußern. Und Sie müssen sich das so vorstellen, weißt, wie die Einflussnahmen, wie die Einflussnahmen stattfinden über Politik, Verbände, aber auch Bürger. Dann frage ich mich manchmal schon, ob das alles so seine Ordnung hat, weil die orangene Trasse, die kam aufgrund von VCD, Partei Die Grünen und BUND.
Theresa Wiesmeier: Zur orangenen muss man sagen, es war auch viel von Bürgern der Region, wo wir es gehört hatten. Sie möchten eine autobahnnahe Variante haben. Es sollte noch autobahnnäher werden als andere Varianten. Es ist ja an sich so, dass sie nicht ganz die Vorgaben des Bundes erfüllt hatte. Sie hatten ja auch gesagt, anfangs gab es die orangefarbene gar nicht. Die kann ja auch nicht für 300 km/h trasiert werden, sondern es ist nur maximal möglich, auf 250 Kilometer bei der Variante zu beschleunigen, weswegen wir in Absprache mit dem Bund gegangen sind und gesagt haben, okay, wir haben das mitbekommen aus der Region, dass sich viele für eine noch autobahnnähere Variante einsetzen und der Bund hat dann eben dafür grünes Licht gegeben.
Josef Stöckle: Die Orange hoch, die hatte erst dann, also Zusmarshausen mit hohen Brücken, da haben wir dann drüber diskutiert. Da war ich dann einer der wenigen, die gesagt haben je höher die Brücke, umso weniger Lärm ist bei uns. Der fliegt halt weiter Richtung Westen oder Ost, also nach Norden oder nach Süden. Und zu diesem Zeitpunkt war, da waren ja Videos im Umlauf von euch, da war der Zug höher wie die Kirchturmspitze von Friedensdorf. Und dann waren in dem Video auch noch die Menschenstimmen zu hören. Also das hat mir schon wahnsinnig einen Schock versetzt. Aber man muss dazu sagen, zu diesem Zeitpunkt war die Bahnhofsidee immer noch nicht geboren. Die Bahnhofsidee kam erst auf vor circa einem Jahr in Zusmarshausen, also Frühjahr 2023.
Theresa Wiesmeier: Um noch mal auf die orangefarbene an sich zurückzukommen. Können Sie verstehen, warum sich manche aus anderen Regionen vielleicht dafür eingesetzt haben, dass es noch eine gibt, die noch autobahnnäher ist?
Josef Stöckle: Das kann ich durchaus verstehen. Das ist ja, wo die Türkise jetzt, sag ich mal, alleine im Topf war, da haben wir, da haben wir gesagt, Einkesselung von Wollbach. Im Süden die Autobahn, im Norden die Bahn. Und diese sogenannte Einkesselung widerspricht, wenn man so bissl was liest über Infrastrukturplanung ist es auch nicht so ideal. Also von zwei Seiten. Verstehen kann ich, aber Sie müssen sich das so vorstellen. Angefangen hat bei mir das alles mit persönlicher Betroffenheit, obwohl ich am Anfang nicht dort gewohnt hab und die Gründe waren für mich einfach nur Lärm. Das hat der Herr Schilling thematisiert, ausgiebig mit der Autobahn, mit den Erfahrungen, mit dem Belag, mit dem Lärmschutz. Da brauchen wir gar nicht mehr drauf eingehen. Und genau wie der Herr Schilling wohn ich halt auch nur 150 Meter von der Autobahn weg. Und die Gründe, das abzulehnen ist für mich einfach, war die direkte Betroffenheit jetzt mit oder ohne Bahnhof durch - sag ich mal - Lärm, die Lage, dann das Landschaftsbild, Kosten und von mir aus ob mit oder ohne Nutzen für die Region. Aber ich bin in der Zwischenzeit eigentlich viel weiter. Heute bin ich der Meinung, dass die ganze Planung generell, ich kann nicht nur, ich bin nicht nur in Zusmarshausen dagegen oder gegen Orange, sondern ich bin heute eigentlich gegen alles, was an Neubau gedacht wird in Deutschland, weil das einfach nicht mehr ins aktuelle Thema passt und aber da lernt man dann dazu, wenn man sich mit dem Thema beschäftigt. Ich kann nicht in Zus dafür sein und in Hannover-Bielefeld dagegen oder dagegen sein oder da dafür. Das geht nicht.
Andrea Morgenstern: Das ist immerhin konsequent.
Josef Stöckle: Ja, genau.
Andrea Morgenstern: Wir zoomen jetzt mal noch ein Stückchen heraus. Die Idee einer neuen beziehungsweise zusätzlichen Strecke zwischen Ulm und Augsburg ist älter als unser Großprojekt. Bereits in den 80er Jahren wurde über diese Verbindung schon diskutiert. Sie haben vorhin schon erzählt, dass Sie 2019 das erste Mal vom Bahnprojekt Ulm-Augsburg gehört haben? Was war denn damals so Ihr allererster Gedanke, als Sie davon gehört haben?
Josef Stöckle: Nein, ich habe als interessierter Kreisbürger war das immer ein Thema bei uns, das geht zurück bis 1985, das war die Diskussion ums dritte Gleis rauf und runter. Aber das hat mich nicht so interessiert weil wir an der Autobahn wohnen und damit beschäftigt waren und und eben ab und zu in Dinkelscherben in den Zug eingestiegen, sind aufs Oktoberfest, mal nach Köln, vom Oktoberfest zurückgefahren, falsch ausgestiegen, Richtung Nürnberg gefahren, weil wir in Augsburg nicht umgestiegen sind. Und das hat mich oft, das hab ich schon verfolgt und und erst 2019 auch bei der ersten Kreistagssitzung war der ganze Kreistag, alle waren für den Ausbau der Bestandsstrecke und dann war nochmal eine Sitzung bissle später dann, 2020 im Frühjahr in Neusäß. Da waren auch alle dafür. Für den Ausbau der Bestandsstrecke und erst dann kam so langsam die Zeichnung raus. Mit der türkisen Trasse bloß war man halt damals nicht direkt betroffen. Sagen wir mal so.
Theresa Wiesmeier: Sie haben früher einmal gefordert, die "Entscheidung einer Rennstrecke ohne Halt in der Region zu überdenken". Heute wird über diesen Regionalhalt gesprochen. Sie scheinen dennoch nicht zufrieden. Warum nicht?
Josef Stöckle: Also ich persönlich, ich will da gar nicht auf auf die Vorgaben eingehen die da immer wieder auch von unserer eigenen Organisation, wir den Wollbach, wir sind Ortsgruppenmitglied der BISCHT und was ich hier sage ist eigentlich meine eigene Meinung, meine persönliche Meinung und Einschätzung und der, es ist so, der Bahnhof als Idee entstand nur, um hohe Brücken zu vermeiden. Wenn das wirklich so wäre - vielleicht hat auch die Bahn das eingeredet, um das Thema am Laufen zu halten - ich will nicht drauf eingehen auf 26 Minuten, ich geh auch nicht ein auf auf 250 und 300 km/h, ich geh auch nicht ein auf Betonpiste und Schotter und auf Radius für Kurvenradius und acht Promille Steigung. Da kann ich nicht mitreden, aber das sind für mich alles, ich sage mal Punkte, die einfach dazu zwingen das so zu machen, wie ihr das plant.
Andrea Morgenstern: Genau, das sind unsere Planungsprämissen, an die wir uns zu halten haben.
Josef Stöckle: Und solange die so sind, das akzeptiere ich auch, müssen Sie so planen.
Theresa Wiesmeier: Und hier können wir auch sagen, wir haben das jetzt nicht nur wegen hohen Brücken gemacht, sondern wir versuchen schon auch gerade, wenn so Großprojekte anstehen, das wir als Bahn versuchen, Regionen die noch nicht angeschlossen sind, eben neu zu erschließen.
Josef Stöckle: Aber das ist, es ist auch so, schauen Sie, Zusmarshausen und Dinkelscherben ist ein Mittelzentrum. Wenn Sie die Schwabenkarte oder die Bayernkarte anschauen, Zusmarshausen-Dinkelscherben Mittelzentrum und da gibt es auch landesplanerische - sage ich mal - Vorgaben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mittelzentrum Dinkelscherben und Zus zwei Bahnhöfe braucht. Da drehen wir das ganze Thema einfach um und bauen die Bestandsstrecke aus, und machen Dinkelscherben zur Drehscheibe. Dann fahren die Busse, wie jetzt in der Potenzialanalyse ja angedeutet, nicht mehr von Horgau nach Zus, sondern dann fahren sie nach Dinkelscherben, um von dort aus mit dem Zug rein. Also das ist alles alles relativ für mich.
Theresa Wiesmeier: Im März war ja der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter auch in Zusmarshausen zu Gast, um sich ein Bild des möglichen Bahnhofs zu machen. Und Sie haben später kommentiert, dass Sie sich einen Regionalhalt zwar vorstellen können, aber nicht am momentan angedachten Standort. Dort sei er aufwendig und sehr teuer. Dinkelscherben wäre da nicht aufwendig?
Josef Stöckle: Das ist ja nur eine, ich sage mal, ein Gedankenspiel. Der Bahnhof in Zusmarshausen, der hat ja sehr große Herausforderungen. Einmal ich muss auf die Tieflage kommen von 450 Höhenmeter, auch wenn ich 2 Meter über der Zusam bin, ich brauch links und rechts von Streitheim kommend und von Zusmarshausen weggehend Tunnel. Ich glaube nicht, dass man den Zug so weit eingraben kann, den man dann bitte mit einem Deckel zudeckt. Also da heißt momentan, es sind Tunnels erforderlich und die auf beiden Seiten und diese dann ist die Betroffenheit der Firma. Dann muss man die Autobahn überqueren, die Autobahnzufahrt wird verlegt nach Osten, drüber gekippt. Und da kann ich mir also nicht vorstellen, dass der Bahnhof jemals kommt. Also tut mir leid. Wenn das der Fall wäre - also in der Politik ist ja alles Verhandlungssache - aber letztendlich geht es darum, dass der so viel Geld kostet im Vergleich. Ich sage mal im Vergleich zu anderen, der hat ja auch noch das andere Problem, dass, dass die Gleise innen liegen. Das brauche ich alles nicht erzählen. Der Herr Baumann hat das thematisiert. Man muss also hoch, drüber fahren, dann wieder runter. Das kostet Geld ohne Ende. Also wenn, kann ich mir einfach nicht vorstellen. Bahnhof in Zusmarshausen kommt nicht.
Andrea Morgenstern: Ihrer Meinung nach.
Josef Stöckle: Meine Meinung, das ist meine persönliche Meinung.
Andrea Morgenstern: Ja, Tunnels haben wir natürlich bei jeder Variante dabei, das ist ganz klar. Und die Firma Chefs Culinar, die Sie angesprochen haben, hat sich ja positiv gegenüber dem Bahnhalt geäußert, weil Sie da einfach auch ein Riesenvorteil für Ihre Mitarbeitenden sehen deswegen, ja, es gibt ja durchaus Stimmen...
Josef Stöckle: Aber man muss da man muss da schon drauf eingehen und sagen, da gibt es natürlich zweierlei Gesichtspunkte, die die Potenzialanalyse, das ist okay, das verstehe ich, das sind die Einwohner, die künftige Entwicklung. Wobei es bei der bei der Betroffenheit oder bei den Vorteilen für die Betriebe muss man schon vorsichtig sein, weil das kann ja auch relativ schnell als Subvention ausgelegt werden. Also ich baue nicht einen Bahnhof für einen Betrieb und das andere ist, dass die Zahl 1830, ich versteh die sehr gut. Wenn man alle Leute, die den Bus benutzen, wenn man die alle zusammenzählt über - sage ich mal - übern halben Landkreis Wertingen, Welden, Horgau, Adelsried und alle fahren nach Zus, dann bringe das locker zusammen. Das überrascht mich also nicht.
Andrea Morgenstern: Ich würde das jetzt mal für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer noch ein bisschen einordnen. Wir werfen die ganze Zeit mit den Begriffen Potenzialabschätzung und Ein- und Aussteigen hier um uns. Ja das Potenzial eines Bahnhalts in Zumarshausen,liegt, wie Sie sagten Herr Stöckle, bei 1830 Ein- und Aussteigern, pro Werktag ist damit gemeint. Das hat eben die Potenzialabschätzung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft ergeben, die das wiederum im Auftrag des bayerischen Verkehrsministeriums ermittelt hat. Die Untergrenze für einen neuen Bahnhof sind 1000 Ein- und Aussteiger pro Werktag. Das bedeutet jetzt wiederum: Wenn beim Trassenauswahlverfahren herauskommt, dass die Variante Orange mit dem Bahnhalt die beste Möglichkeit sei, wird der Bahnhof wahrscheinlicher. Ist das für Sie persönlich jetzt ja, eher keine gute Nachricht.
Josef Stöckle: Das ist für mich jetzt insofern nicht von Wichtigkeit. Ich persönlich, meine persönliche Meinung ist eigentlich folgende: Die größte Hürde in nächster Zeit oder für Ihr ganzes Team ist ja die sogenannte parlamentarische Befassung. Und wenn man das genau beurteilt, dann oder anschaut, dann war es so, dass bis Stuttgart 21 die parlamentarische Befassung der Verkehrsausschuss gemacht hat. Das waren 34 Mitglieder, aber jetzt macht es der ganze Bundestag. Das ist neu. Und ich gehe mal davon aus, dass ihr Team sich schon überlegt, ob wir mit einer Trasse nach Berlin gehen, die mit derartigen Problemen behaftet ist - also sprich Orange und Bahnhof - oder ob es nicht einfach so ist, dass sie mit der nach Berlin gehen würde, mit der die die höchsten Chancen hab. Das ist sicherlich nicht das ist sicherlich nicht Türkis mit Bahnhof. Denk ich mir.
Andrea Morgenstern: Das werden wir uns gut überlegen, in der Tat. Orange mit Bahnhof meinen Sie?
Josef Stöckle: Tschuldigung, Orange mit Bahnhof. Ja.
Josef Stöckle: Andrea Morgenstern Da kann ich Ihnen recht geben, dass wir uns das definitiv gut überlegen werden und ja auch vorher natürlich mit dem Eisenbahnbundesamt und dem Bund abstimmen, welche überhaupt unsere Vorzugsvariante wird, die wir dann wiederum nächstes Jahr, wie Sie richtig sagten, in die parlamentarische Befassung geben möchten.
Josef Stöckle: Ja gut, das ist, wenn ich das wirklich sagen darf, aus der... Wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, ich verfolg immer sag ich mal... wir haben ja, wir haben eine Gruppe mit über 200 Mitgliedern, ich informier meine Leute in meiner Gruppe über aktuelles der Bahn. Heut steht drin die Elektrifizierung hängt nach allen Regeln der Kunst hintennach. Gleichzeitig ist ja in Berlin die Messe für euch mit dem digitalen Handtuch. Das ist für mich alles okay und nachvollziehbar. Das ist auch alles richtig. Nur wenn ich mir heut also anschaue, Deutschland und wenn Sie mich jetzt fragen, was meine Gründe sind für meine generelle ablehnende Haltung, dann sage ich einfach mal, das sind einfach die Umweltauswirkungen, egal wo. Umweltauswirkungen im Sinne von, wenn also die Bahn in der freien Natur sich bewegt, Flora, Fauna, dann die Kosten. Das kostet halt alles so viel Geld. Dann die Raumplanung, also Raumplanung ist für mich der Begriff, wenn die Bahn auf Menschen trifft, Wohnungen, also Wohnbau, Industrie, Gewerbe, sag ich mal Eigentum davon betroffen ist. Die größte Herausforderung für mich ist eigentlich der technologische Fortschritt. Also dem vertraue ich eigentlich am meisten, dass man kann heute mehr sagen was vor 170 Jahren war, wird in den nächsten 170 Jahren so sein. Wenn ich mir überleg wie sag ich mal 1971 habe ich eine Lehre begonnen in Wollbach, da haben wir die Stammdaten ins EDV-System mit 80spaltigen Lochkarten reingenagelt. Hollerith-Lochkarte heißt das und heute brauche ich es nicht einmal mehr abtippen. heute sag ich es meinem Computer. Dann weiß er, was ich will und dieser technologische Fortschritt der ist eigentlich die größte Herausforderung, sag ich mal, und da weiß man wirklich nicht, was kommt. Und der vierte Punkt ist eigentlich die Nutzung der bestehenden Infrastruktur. Also das ist für mich, das habe ich jetzt für mich verinnerlicht. Ich kann nicht irgendwas Neues bauen, wenn ich bestehende Infrastruktur hab und dort der praktisch eigentlich... Ich gehe mal davon aus, dass an der Bestandsstrecke viel Gelände links und rechts bereits der Bahn gehört. Also wenn die das in den letzte 50 Jahren nicht aufgekauft haben, das glaube ich persönlich nicht, also muss man nicht wieder ein neues Fass aufmachen und das ist eigentlich, sag ich mal, so mein Standpunkt und ich gehe einfach davon aus, dass nichts kommt.
Theresa Wiesmeier: Technischer Fortschritt ohne Neubau wird schwierig.
Josef Stöckle: Ja, da kann man drüber streiten, ob das so notwendig ist. Also wenn ich das alles auf der Welt so verfolge, dann sag ich mal die Prioritäten müsste man eigentlich anders verteilen. Sie müssen sich das so vorstellen, ich bin jetzt außenstehend, das ist ja wir haben es ja vorher gesagt gehabt, Bahn und Politik dann noch Verbände dazu und ein bisschen Bürger. Wenn ich heute also das anschaue, also da ist für mich also schon noch einiges bissle unklar, wie das in Zukunft weitergeht und wenn ihr dann schau wenn mal als Beispiel nimmt mal Spanien, da fahren... Die Deutsche Bahn hat im Fernverkehr einen Marktanteil von 90 oder 96 %. Das ist, da ist koch kein Wettbewerb, im Güterverkehr ist es anders. Also da kann einiges noch passieren, in den nächste 100 Jahren.
Andrea Morgenstern: Ich möchte unbedingt noch die Klimaziele ergänzen, die wir alle haben, die Deutschland hat, die Europa hat, die wir nur erreichen, wenn wir Menschen und Güter von der Straße auf die Schiene bringen. Und es wird auch nicht funktionieren, weil wie Sie, wie Sie beide jetzt sagten Herr Stöckle und Theresa, die bestehenden Strecken sind ausgelastet, die müssen wir natürlich sanieren, gar keine Frage. Da bin ich bei Ihnen. Aber wir brauchen neue Strecken, um ja um die Klimaziele, letztendlich die Verkehrswende zu erreichen. Gar keine Frage.
Josef Stöckle: Die gehe da mit Ihnen schon sehr viel konform. Das ist ja alles richtig. Und die, die die Verkehrswende, das ist alles okay. Was natürlich, ich sage mal, unter den Tisch fällt, ist bei der Klimaziele, das ist die CO2 Belastung durch den Bau.
Andrea Morgenstern: Die gibt's, das stimmt.
Josef Stöckle: Und die wird aber in der sag ich mal in der allgemeinen Betrachtung unter CO2-Neutralität oder des Fortschritts wird beginnt die Bahn immer zum zählen, wenn der erste Zug fährt, nicht in der Bauphase. Wenn ich es richtig sehe, dann ist die Bestandsstrecke eigentlich im Raumordnungsverfahren immer noch im Topf und auch unabhängig, ob jetzt 2030 in fünf Monaten da die Bestandstrecke kernsaniert wird oder Hochleistungskorridor saniert wird wie jetzt begonnen mit der Riedbahn und so weiter, dass es die ist immer noch... Das ist zwar der Eindruck, dass die Bestandstrecke weg ist, aber Deutschland ist flächenmäßig begrenzt. Die Abstände oder die Entfernungen sind viel geringer. Deutschland ist nicht vergleichbar, weder mit Frankreich, noch mit Italien, noch mit Spanien. Das ist alles ein ganz schwieriges Abwägen und auch ein Stöckle Josef aus Wollbach wird es nicht verhindern können, wenn es anders kommt, verstehen Sie? Das akzeptiere ich auch. Aber das ist halt meine Meinung.
Theresa Wiesmeier: Ich komme noch mal kurz zurück auf der auf die Hochleistungskorridore, die wir gerade angesprochen haben. Sie haben öfter argumentiert, dass das Geld besser in die Ertüchtigung der Bestandsstrecke investiert sei. 2023 hat der Bund dann angekündigt, Geld für die Ertüchtigung stark belasteter Korridore bereitzustellen, die sogenannte Generalsanierung, darunter fällt auch die Bestandstrecke zwischen Ulm und Augsburg, die aller Voraussicht nach 2030 saniert wird. Mit dieser Entwicklung könnten Sie ja eigentlich zufrieden sein.
Josef Stöckle: Ja, im Moment ja, weil ich mir einfach denke, man kann also man kann nicht sag ich mal zweigleisig fahren. Das ist vielleicht auch nicht... Ich könnte mit dem zufrieden sei, das ist richtig im ersten Moment, wie es dann weitergeht, das muss man dann sehen. Aber ich bin nicht der Bestandstrecken-Ausbauspezialist. Ich bin auch nicht der Spezialist für ein drittes Gleis. Und ich bin, ich wohne auch nicht wie mein Freund und Mitredner, Christian Werner in Neusäß oder in Westheim. Und ich verstehe das alles, aber es ist halt, bei mir hat sich halt das Bild verfestigt, das hier einfach, egal ob das jetzt bei uns ist oder dass das einfach schwierig ist, auch eine Fläche kaputt zu machen und zusätzlich das, ob das wirklich so notwendig ist oder ob man das nicht wirklich anders lösen kann. Wenn Sie sich das vorstellen: Ich habe 1971 zum schaffen angefangen, angefangen als Lehrling in Wollbach. Wir haben keinen Zug braucht. Wir sind damals, wir sind damals 1971, im Hubschrauber geflogen. Wir haben einen Hubschrauber gehabt unser Chef.
Theresa Wiesmeier: Das ist aber auch keine ökologische Variante.
Josef Stöckle: Klar, das war ja, ich sage ja, 50 Jahre zurück, dann bin ich, dann bin ich, sag ich mal, zehn Jahre lang mit der Augsburg Airways geflogen. War auch okay, verstehen Sie? Die gibt es heute alle nicht mehr. Also ich will damit nur sagen.
Theresa Wiesmeier: Das ist ja an sich auch gut, wenn es das nicht mehr gibt, wäre nicht gut für die Verkehrswende.
Andrea Morgenstern: Vom Individualverkehr wollen wir ja wegkommen.
Josef Stöckle: Ich will damit nur sagen, das einfach, man weiß das nicht, was war, wie das weitergeht und die Problematik des sag ich mal Klimawandel. Ich verstehe das sehr gut und das habe ich damals auch nicht bedacht. Das ist, aber wenn ich heute sage, ich baue riesige Neubaustrecken und wenn ich da meinen, wenn ich dann ich hab mit der mit Herrenknecht, die Firma werden Sie ja wohl besser kennen wie ich, Tunnelvortriebmaschinen-Weltmarktführer. Da habe ich mich ausgiebig drüber unterhalten, was so was kostet und wie so was geht, dann glaube ich: Bei uns kommt das alles nicht.
Theresa Wiesmeier: Herr Stöckle, ich habe noch drei Begriffe für Sie. Sie dürfen mir erklären, was was Ihnen dazu einfällt, hatten wir schon relativ viel: "Verkehrswende".
Josef Stöckle: Da kann ich eigentlich nur eins dazu sagen: Es kommt meistens anders, als man denkt. Generell. Bayer Leverkusen ist letzte Woche Deutscher Meister geworden, hat keiner daran gedacht. Wie die Verkehrswende letztendlich stattfindet, weiß ich nicht. Das ist für mich der erste Begriff. Es kommt anders, als man denkt.
Theresa Wiesmeier: Zweiter Begriff "Rebell".
Josef Stöckle: Rebell. Das kann ich, das kann man auch als Kompliment auffassen. Ein Rebell ist eigentlich ein Aufrührer, ein Aufwiegler. Eigentlich nicht gerade, aber bezogen auf auf unser Thema. Letztendlich ist mein Fazit eigentlich Geld regiert die Welt und das wird das wichtigste Kriterium sein auch für die Bahnplaner. Und wenn dann mal ein Rebell halt irgendwas sagt, was man halt mal nicht hören will, dann ist es okay.
Theresa Wiesmeier: Dritter Begriff "Fackeln".
Josef Stöckle: Ja, das war unsere Aktion in Adelsried. Das war, das war eine Gemeinschaftsaktion mit der BISCHT das war, wir haben halt ja ein Zeichen gesetzt und Adelsried ist ja sag ich mal zweimal betroffen so wie wir auch und Adelsried ist eigentlich immer noch der Meinung, dass beides ablehnt. Also bin ich nicht ganz allein - in Zusmarshausen mags vielleicht anders sein - aber ich persönlich bin immer Optimist. Für mich ist das Glas immer halb voll, nie halb leer und egal was kommt, die werden den Josef Stöckle nicht fragen, das akzeptiere ich sehr wohl. Aber was wirklich sein wird, ist, also die Zeitachsen oder die Zeitpläne, die momentan aktuell da im Umlauf sind, egal, von Klimaneutralität über die Bahnplanung bis zum Deutschlandtakt, die Zeitachsen, die kannst alle nach hinten schieben, gewaltig nach hinten.
Andrea Morgenstern: Aber wir sprechen mit dem Herrn Stöckle und hören ihm zu. Und es war uns eine Freude, dass Sie heute bei uns in unserem kleinen Podcaststudio waren.
Josef Stöckle: Ich bedanke mich ganz herzlich dafür und akzeptiere auch praktisch und honoriert das auch. Und ich finde es auch gut. In Wollbach wurde die türkise Trasse verlegt, in die Mitte zwischen Wollbach und Wörleschwang. Das hatte Herr Baumann gemacht. Trotzdem kann ich der noch nichts abgewinnen. Aber wenn man sich dann das alles so genau anschau t wir wissen nicht, was kommt.
Theresa Wiesmeier: Heißt, der Dialog bringt manchmal schon ein bisschen was.
Josef Stöckle: Das muss ich also schon zugeben, das war, das war okay. Ich hab mir eigentlich nur am Anfang gedacht: Welcher radikale Mensch hat den Strich bei uns am Friedhof gezeichnet und der Herr Baumann hat dann das relativ sag ich mal bearbeitet oder zügig und geht es dann übers Eisenbahnbundesamt oder wie das halt läuft. Auf jeden Fall ist die Trasse in Wollbach türkis entschärft, sagen wir es mal so, gegenüber der ursprünglichen Planung. Gleichzeitig hatte aber auch eine Bahnhofsidee gegeben, die vorher nicht da war gleichzeitig hat's aber auch eine orange Trasse gegeben, die vorher nicht da war.
Andrea Morgenstern: Planungen sind dynamisch.
Josef Stöckle: Ja genau. Okay.
Theresa Wiesmeier: Und wir bleiben weiterhin im Dialog, dann können wir die nächsten Probleme auch noch aus der Welt schaffen.
Andrea Morgenstern: Genau, würde ich auch sagen.
Theresa Wiesmeier: Vielen Dank, Herr Stöckle.
Andrea Morgenstern: Danke Herr Stöckle und Theresa. Bis zum nächsten Mal
Theresa Wiesmeier: Bis zum nächsten Mal Andrea.
Outro: Das war ein Podcast vom Bahnprojekt Ulm-Augsburg. Es sprachen: Andrea Morgenstern und Theresa Wiesmeier. Redaktion: Andrea Morgenstern und Jakob Neumann. Produktion und Schnitt: Jakob Neumann.
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